Bei der Einführung eines neuen Arbeitszeitmodells müssen viele Dinge beachtet werden:
Oft ist es gar nicht einfach, sofort eine gute und passende Lösung zu finden, denn nicht selten prallen durchaus gegensätzliche Interessen aufeinander. Da konkurrieren betriebswirtschaftliche Anforderungen mit Empfehlungen der Arbeitswissenschaften und Wünschen der Beschäftigten. Eine Unterstützung von außen kann in solchen Fällen sehr hilfreich sein. Hier finden Sie weitergehende Informationen zu Möglichkeiten der Beratung und Information.
Das RKW Hessen berät mit seinem Netzwerk bundesweit zu guter Arbeitszeitgestaltung. Zwei Möglichkeiten stehen Ihnen offen:
Eine kompakte Analyse der Ist-Situation sowie konkrete Hinweise, wo Ihre Stärken und Schwächen in der Arbeitszeit-Gestaltung liegen und wie Sie Ihr gegenwärtiges Modell weiterentwickeln können.
Erfahrene Arbeitszeitberater unterstützen Sie bei der Entwicklung des neuen Arbeitszeitmodells, von der Zielformulierung bis zum Abschluss der Testphase.
Eine tarifrechtliche Beratung bieten die jeweiligen Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften.
Eine Rechtsberatung erhalten Sie von Rechtsanwälten, die sich auf Arbeits(zeit)recht spezialisiert haben.
Handwerksbetriebe können sich für eine qualifizierte Rechtsberatung an die Arbeitsgemeinschaft der Hessischen Handwerkskammern, Abteilung Recht und Sozialrecht wenden (www.hwk-wiesbaden.de, Tel.: 0611 136-0)
Eine gute Arbeitszeitberatung erkennen Sie daran, dass ein für das Unternehmen maßgeschneidertes Arbeitszeitmodell entwickelt wird. Auf der Basis der klar definierten Zielvorgaben werden gemeinsam von Unternehmensleitung, Betriebsrat/Beschäftigten und Berater Alternativen entwickelt. Die Beraterin/der Berater unterstützt die Beteiligten dabei, die Alternativen unter den Aspekten Arbeitsrecht, Wirtschaftlichkeit, Beschäftigtenorientierung und Gesundheitsschutz einzuordnen und damit eine gute Entscheidung zu ermöglichen. Branchenerfahrung und Kompetenz in der Arbeitszeitgestaltung sind dabei von großer Bedeutung. Schließlich achtet der Berater darauf, dass die schriftliche Vereinbarung alle wichtigen zu regelnden Aspekte umfasst (z.B. Vorlaufzeiten von Dienstplänen, Regelungen bei Kündigungen, Erkrankung, Urlaub, Schlichtung in Streitfällen etc.). Eine Checkliste finden Sie hier.
Die Wahl des Arbeitszeitmodells hat große Auswirkungen auf den Arbeitsalltag der Beschäftigten, denn es legt fest, wie Arbeit und Freizeit verteilt werden. Daher sollten bei der Wahl des Arbeitszeitmodells immer die betroffenen Beschäftigten eingebunden werden. Damit steigt automatisch die Akzeptanz eines neuen Arbeitszeitmodells.
Folgendes Vorgehen hat sich in der Praxis vielfach bewährt (Grafik in Anlehung an Hellert, U. 2011):
In Phase 1 "Was wollen wir erreichen und wen brauchen wir dafür?" sollten die Ziele, die mit einem neuen Arbeitszeitmodell verfolgt werden, messbar festgelegt werden. Mögliche Ziele sind: "Die Überstunden um 50% reduzieren", "Betriebsstunden um 15 Wochenstunden erweitern", "Flexibler auf schwankende Auftragslagen reagieren können". Nur wenn die Ziele von Anfang an offengelegt werden, kann konstruktiv und vertrauensvoll an einem neuen Arbeitszeitmodell gearbeitet werden. Außerdem sollte geklärt werden, wer unbedingt in die Projektgruppe gehört. Kriterien dafür sind beispielsweise die Frage: Wer darf an Ende eine Entscheidung treffen? Wer ist unmittelbar betroffen und sollte daher gefragt werden? Wer kann mit seiner/ihrer Sachkenntnis zu einem guten Ergebnis beitragen? Sind widerstreitende Interessen in der Gruppe vertreten? Und - wer gehört qua Amt in die Gruppe, beispielsweise ein Betriebsrat, eine Schwerbehindertenvertretung, eine Fachkraft für Arbeitssicherheit etc.
In Phase 2 "Bilden einer Projektgruppe" werden die in Phase 1 erarbeiteten Mitglieder der Projektgruppe zu einem ersten Treffen eingeladen. Die Ziele des neuen Arbeitszeitmodells werden vorgestellt und durch Ziele/Wünsche der anderen Projektgruppenmitglieder ergänzt. Zentrale und weniger zentrale Ziele werden festgelegt. Die Gruppe einigt sich auf das weitere Vorgehen und einen Zeitplan.
Phase 3 "Entwickeln von Alternativen und Ideen" kann im Team in der Projektgruppe, im Rahmen eines Workshops mit den betroffenen Beschäftigten oder aber durch einen Experten durchgeführt werden. Ziel der Projektphase bleibt immer, mehrere Lösungsansätze für die gesetzten Ziele zu entwickeln. Oft entwickeln die Beschäftigten selbst sehr gute und praxisorientierte Lösungsansätze, sie sollten daher unbedingt in dieser Phase gefragt werden.
Nach dieser Ideenentwicklung erstellt die Projektgruppe ein Ranking der Ideen und konzentriert sich auf ein oder auf zwei Modelle.
Phase 4 "Verfeinern der Modelle" dient dazu, den Favoriten für das neuen Arbeitszeitmodell zu Ende zu denken. Hier geht es beispielsweise um Fragen wie die abzurechnende Dauer eines Urlaubstags oder Krankentages, bei flexiblen Arbeitszeitmodellen um verbindliche Anwesenheitszeiten, um die Art der Zeitdokumentation, bei Schichtmodellen um die Übereinstimmung von Schichtstärke und Personalbestand etc. Je komplizierter das Arbeitszeitmodell, desto hilfreicher ist an dieser Stelle die Unterstützung eines internen oder externen Arbeitszeitprofis. Am Ende von Phase 4 sollte das neue Arbeitszeitmodell sauber ausgearbeitet vorliegen.
In Phase 5 "Gespräch mit den Mitarbeitern" werden alle betroffenen Beschäftigten, die nicht der Projektgruppe angehören, in die Entwicklung des neuen Modells eingebunden. Detailfragen oder Unklarheiten können an dieser Stelle noch einmal besprochen und beseitigt werden. Teilweise sind Qualifikationsmaßnahmen erforderlich.
In der folgenden "Testphase" wird das Arbeitszeitmodell im Echtbetrieb getestet. Die Dauer der Testphase hängt maßgeblich vom Modell und den Arbeitsschwankungen im Unternehmen ab. Ein Schichtplan, der über 7 Wochen läuft, sollte mindestens zwei bis drei Mal durchlaufen werden, bevor sich alle Beteiligten ein Urteil bilden können. Wer starke saisonale Schwankungen ausgleichen will, sollte diesen Schwankungsrhythmus einmal durchlaufen. Spätestens am Ende der Textphase können alle Unklarheiten beseitigt werden.
Erst dann geht das Arbeitszeitmodell in Phase 7 in den Echtbetrieb. Aber auch dann gilt: Wenn sich die Arbeitsbedingungen oder die Bedarfe der Beschäftigten ändern muss auch das Arbeitszeit wieder auf den Prüfstand. Ein gutes Arbeitszeitmodell ist Maßarbeit.
Kleinen und mittleren Unternehmen stehen derzeit folgende Förderoptionen offen:
Bundesweite Förderung von Beratung zu Arbeitsorganisation, Führung, Personal für kleine und mittlere Unternehmen, Fördermittelgeber ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Der Fördermittelbetrag liegt bei maximal 5.000 EUR. Das RKW Hessen ist als Berater zur Arbeitszeitgestaltung autorisiert.
Bundesweite Förderung zu betriebswirtschaftlichen Fragestellungen für kleine und mittlere Unternehmen, Fördermittelgeber ist das Bundesministerium für Wirtschaft. Der Fördermittelbetrag liegt bei maximal 1.500 EUR. Das RKW Hessen ist als Berater zur Arbeitszeitgestaltung autorisiert.
Das RKW Hessen betreut die Fördermittelvergabe des Landes Hessen an kleine und mittlere Unternehmen in Hessen. Auch eine vertiefende Beratung zur Arbeitszeitgestaltung kann gefördert werden, sofern im Vorfeld eine Bundesförderung zum selben Thema erfolgt ist. Wir beraten Sie gerne telefonisch.
Auch einige Berufsgenossenschaften bieten Unterstützung, beispielsweise bei der Schichtplangestaltung. Fragen Sie am besten bei Ihrer BG nach.
Beratung für Arbeitgeber und Betriebsräte
Der erste Schritt zur eigenen individuellen Lösung: Machen Sie den Online-Selbstcheck und erfahren wie gut Ihr aktuelles Arbeitszeitmodell ist und ob Handlungsbedarf besteht.