Es gibt viele Gründe, sich für eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu engagieren. Wer wollte schon eine Gesellschaft ohne Kinder und jungen Menschen mit Ihren Ideen und Träumen? Und wer wollte als Unternehmen dauerhaft auf die klugen, gut qualifizierten Frauen und Männer verzichten, die als Eltern für ihre Kinder da sein und ihren Beruf ausüben wollen oder müssen?
Die überwiegende Zahl junger Frauen (85%) will heute Familie und Beruf miteinander kombinieren und erwartet von Partner und Arbeitgeber sinnvolle Lösungsangebote. Wer über Vereinbarkeit nachdenkt, sollte aber nicht nur die Frauen, sondern auch die Männer in den Blick nehmen. Denn immer mehr Väter wollten sich ebenso wie ihre Partnerin um Kinder und Haushalt kümmern und dafür weniger arbeiten (siehe Abbildung).
Väter wären gerne mehr für ihre Familie da - bei den jungen Vätern unter 30 Jahren sind es mehr als zwei Drittel. Rund 35% würden ihre Arbeitszeit gerne um 20% auf eine vollzeitnahe Teilzeitstelle reduzieren. Dafür wünschen sich 50% eine stärkere finanzielle Absicherung und 25% ein höheres Einkommen der Partnerin (Väterbarometer 2016 von Erfolgsfaktor Familie). Untersuchungen zeigen, dass Väter Angebote wie Elternzeit oder Arbeitszeitreduzierungen eher annehmen, wenn die männlichen Führungskräfte in ihrem Unternehmen mit gutem Beispiel vorangehen. Führung in Teilzeit ist bei Männern aber mit einem Verbreitungsgrad von 5% noch eine absolute Seltenheit (Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2016).
Familienfreundliche Arbeitszeiten richten sich daher immer als Angebot an Männer und Frauen gleichermaßen. Zufrieden sind die deutschen Eltern mit der aktuellen Situation aber nicht.
Die Mehrzahl der Deutschen haben den Eindruck, dass sich Familie und Erwerbstätigkeit nicht so gut vereinbaren lassen. Gerade Eltern, die über eigene Erfahrungen verfügen, schildern das Miteinander dieser zwei Lebenswelten als eher schwierig.
Was Eltern hilft - und Arbeitgebern auch
Junge Fachkräfte mit erster Berufserfahrung sind begehrt. Unternehmen sind daher gut beraten, Männer und Frauen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu unterstützen. Dabei spielt ein kluges, familienorientiertes Arbeitszeitangebot eine wesentliche Rolle. Wesentliche Bausteine sind
Konkrete Angebote und eine familienfreundliche Unternehmenskultur nützen nicht nur den Eltern, sondern auch dem Arbeitgeber. Beschäftigte äußern sich deutlich zufriedener mit ihrer Arbeit insgesamt, wenn sie in einem familienfreundlichen Unternehmen arbeiten (siehe Abbildung).
Flexible Arbeitszeitstrukturen
Eine Familie haben, das bedeutet permanentes Organisieren von Unvorhersehbarem. Kinder werden krank, die Schule fällt aus, die Kita streikt. Erwerbstätige Eltern brauchen ein hohes Maß an Flexibilität, um diese Anforderungen mit ihrem Beruf unter einen Hut zu bekommen. Flexible Arbeitszeiten können zu einer enormen Entlastung beitragen. Wer ein paar Stunden früher gehen kann, wenn es gerade zu Hause "brennt" und diese Stunden an anderen Tagen (oder auch ausnahmsweise abends) nachholen kann, der verfügt über einen wesentlichen Schlüssel zur Vereinbarkeit. Aber auch regelmäßige Termine (wie das Fußballtraining oder der Musikunterricht) können gut mit der Arbeit vereinbart werden, wenn sich die Arbeitszeiten an die Familiensituation anpassen. Gleitzeit, Funktionszeiten oder Vertrauensarbeitszeit gehören zu den besonders geeigneten Arbeitszeitmodellen.
Das geht nicht in jeder Branche gleich gut. Schichtarbeitende und kundengebundene Berufe verfügen naturgemäß über deutlich weniger Flexibilität. Aber auch hier können in Gesprächen zwischen Führungskraft, Team und beschäftigten Eltern häufiger Flexibilitätsspielräume ausgelotet werden als dies bislang der Fall ist.
Zeitsouveränität und Vorhersehbarkeit
Auch wenn es auf den ersten Eindruck wie ein Widerspruch klingt: Neben mehr Flexibilität brauchen junge Eltern mit Kindern unter 10 Jahren auch mehr Vorhersehbarkeit. Jede kurzfristige Änderung der Arbeitszeit kann für Eltern eine echte Herausforderung darstellen, wenn die Betreuungszeit für die Kinder endet oder Anschlusstermine mit den Kindern warten. Familienfreundliche Arbeitszeiten nehmen darauf Rücksicht. Das bedeutet beispielsweise auch, dass Besprechungen nicht an die Tagesrandzeiten gelegt werden, so dass Mütter und Väter bis zum Ende teilnehmen können.
Bei Beschäftigten in Schicht- oder Wochenendarbeit stellen langfristige Arbeitspläne eine zentrale und wertvolle Unterstützung dar. Im Idealfall können Beschäftigte dabei frühzeitig Wünsche anmelden, an welchen Tagen sie frei haben möchten oder müssen.
Rushhour des Lebens - Familie und Beruf vereinbaren bedeutet Stress
In Deutschland werden Karrieren nach wie vor bis zu einem Alter von 35 Jahren gemacht. In dieser Zeit steigt das verfügbare Einkommen stark an, danach flacht die Kurve massiv ab. Damit fallen die Lebensphasen für eine berufliche Karriere und für die Familiengründung zusammen in eine Altersspanne zwischen Ende 20 und Ende 30. Dieses Phänomen betrifft vor allem Akademiker. Innerhalb einer kurzen Zeitspanne von fünf bis sieben Jahren erfolgen oft gleichzeitig Entscheidungen zu Berufseinstieg und Karriereaufbau sowie zu gemeinsamem Haushalt, Ehe und Familiengründung. Forscher nennen diese Phase daher die Rushhour des Lebens.
Zeitbudgetstudien zeigen, dass diese Lebensphase die arbeitsreichste Zeit im gesamtem Leben darstellt, und zwar für Väter wie für Mütter. Es ist daher kein Zufall, dass viele Familien über zu wenig Zeit für Ihre Kinder klagen.
Rushhour des Lebens Mitte 30: Frauen investieren rund 66 Stunden in Familie und Beruf
Rushhour des Lebens Mitte 30: Auch Männer investieren rund 66 Stunden, aber anders verteilt
Variabler, bedarfsgerechter Arbeitsumfang und Karriereoptionen jenseits der 40er
Für Frauen, die in dieser Zeit ihre Kindern bekommen und eine Zeit lang zu Hause bleiben, bedeutet dies, dass der Partner in der Regel in dieser Zeit beruflich aufsteigt und es für die Familie finanziell immer attraktiver wird, wenn der Vater in Vollzeit erwerbstätig bleibt, unabhängig davon wie gleichberechtigt sie ihre Partnerschaft gestalten wollen.
Eine familienorientierte Arbeitszeitgestaltung Arbeitszeitmodelle, die die Rushhour des Lebens entschärfen. Dies trägt nicht nur zu einer verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsleben bei, sondern unterstützt auch die Gesundheitssituation dieser Beschäftigtengruppe, die oft zu den Leistungsträgern im Unternehmen zählt.
Zu den wesentlichen Gestaltungsinstrumenten im Hinblick auf die Arbeitszeit zählen Teilzeitangebote für beide Elternteile. Dabei können die Angebote maßgeschneidert auf die jeweilige Familiensituation zugeschnitten werden:
Es lohnt sich, schon frühzeitig mit werdenden Eltern das Gespräch zu suchen und eine passende Lösung zu entwickeln. Wenn der bisherige Arbeitsplatz sich für das gewünschte Modell nicht eignet, dann kann der oder die Beschäftigte in der Familienphase möglicherweise an anderer Stelle eingesetzt werden und damit seine Fachkompetenz erweitern, wie es die Taunussparkasse handhabt. Unternehmen können so die Familienzeit nutzen, um Beschäftigte auf einen Karriereschritt nach der Elternphase vorzubereiten.
Wegezeiten, die je nach Entfernung des Arbeitsplatzes zum Wohnort eine erhebliche Zusatzbelastung darstellen, können durch Angebote im Homeoffice reduziert werden.
Familienfreundliche Führungsstrukturen
Auch Führungskräfte, Frauen wie Männer, äußern in Befragungen den Wunsch, ihren Beruf und ihre Familienaufgaben miteinander vereinbaren zu können. Wesentliche Stellschrauben auch hier: Flexibilität und befristet reduzierte Arbeitszeiten. Während flexible Arbeitszeiten noch relativ häufig genutzt werden können, fallen die Angebote der Arbeitgeber zur Elternzeit oder Teilzeit deutlich ab. Dass Führung in Teilzeit möglich ist zeigt das Praxisbeispiel der Taunussparkasse.
Führungskräfte mit Kindern wünschen sich vor allem mehr Flexibilität, oft aber auch mehr Zeit.
Wie familienfreundlich ist Ihr Arbeitszeitmodell?