Die Haas und Co Magnettechnik GmbH mit Sitz in Wiesbaden produziert und vertreibt seit 1972 Magnetfolien, Magnetbänder, technische Magnete sowie magnetische Sonderanfertigungen in höchster Qualität. Rund 25 Menschen sind aktuell hier beschäftigt. In der Produktion wurden die Arbeitszeiten schon 2013 flexibilisiert. Mit einem neuen Arbeitszeitmodell im Bürobereich wollte Geschäftsführer Christopher Haas 2016 den Wünschen der rund 10 dort Beschäftigten nachkommen und flexibler werden.
Bis dato arbeiteten die Beschäftigten im Büro mit festen Arbeitszeiten von 8.00 bis 17.00 Uhr (Freitags bis 14.00 Uhr). Damit konnte sichergestellt werden, dass die Kunden zu den Betriebszeiten des Unternehmens telefonisch stets einen kompetenten Ansprechpartner erreichten. Schließlich punktet das Unternehmen vor allem durch Schnelligkeit und Qualität, die sich auch im Service widerspiegeln soll. Die Beschäftigten empfanden den verbindlichen Start als Belastung, da das Unternehmen im dicht besiedelten und staugefährdeten Rhein-Main-Gebiet liegt . Außerdem wünschten sie sich die Möglichkeit, den Arbeitstag flexibler nach Arbeitsanfall gestalten zu können und für private Bedürfnisse auch mal früher gehen zu können, ohne die Geschäftführung fragen zu müssen. Geschäftsführer Christopher Haas verband mit dem neuen Arbeitszeitmodell den Wunsch, ein arbeitnehmer- und familienfreundliches Model einzuführen, das außerdem die Selbstorganisation des Teams stärkt und weniger Absprachen mit ihm erfordert.
Unterstützt von einer qualifizierten Arbeitszeitberaterin des RKW Hessen entwickelten die Beschäftigen in einem Workshop als ihr neues Modell eine Funktionszeit mit Gleitzeit.
Für die Arbeit im Bürobereich wurde ein Arbeitszeitrahmen von 6:00 Uhr bis 19:00 Uhr definiert. Die Beschäftigten stimmen ihre Arbeitszeit untereinander ab. In der Hauptservicezeit von 9:00 Uhr bis 16:00 Uhr sollen möglichst viele Beschäftigte anwesend sein, in den Randzeiten von 8:00 Uhr bis 9:00 Uhr und von 16:00 Uhr bis 17:00 Uhr muss das Büro mit mindestens einer Person besetzt werden, um die Funktionsfähigkeit sicher zu stellen. Die Zeiten von 6:00 Uhr bis 8:00 Uhr und von 17:00 Uhr bis 19:00 Uhr gelten als flexible Zeiten und ermöglichen beispielsweise einen Arztbesuch tagsüber oder den Abschluss einer angefangenen Arbeit. Pausen werden in Länge und Lage eigenverantwortlich in Absprache mit dem Team genommen. Die reguläre Arbeitszeit kann wöchentlich um maximal zehn Plus- oder Minus-Stunden verändert werden. Diese Plus- und Minusstunden fließen in ein Arbeitszeitkonto. Derzeit werden die Arbeitszeiten über einen Dienstplan organisiert und in einer Excel-Vorlage von den Beschäftigten dokumentiert.
Von dem neuen Modell profitieren Arbeitgeber und Beschäftigte gleichermaßen. Die Geschäftsführung wird von administrativen Aufgaben entlastet, da sich das Team weitgehend eigenverantwortlich organisiert. Arbeit über die vertraglich vereinbarten acht Stunden pro Tag ist möglich, sofern sich dies inhaltlich anbietet (Erstellen eines dringenden Angebots, Buchhaltungsabschlüsse etc.) und kann auch auf ruhige Randzeiten des Tages verschoben werden. Für die Beschäftigten bestehen deutlich mehr Handlungsspielräume als bisher. Die Vereinbarkeit von Beruf und persönlichen Aufgaben wird durch die neue Flexibilität erleichtert, aber auch der morgendliche Stress, trotz Stau oder Behinderungen pünktlich um 8 Uhr im Unternehmen sein zu müssen, entfällt weitgehend. Im Unterschied zu einer Kernzeit können Beschäftigte auch tagsüber vom Arbeitsplatz fernbleiben, so lange die Funktionsfähigkeit ihres Arbeitsbereichs durch andere Kollegen und Kolleginnen sichergestellt ist.
Das Arbeitszeitmodell der Funktionszeit setzt eine kooperative Zusammenarbeit und ein eingespieltes Team voraus. Die Beschäftigten müssen außerdem in der Lage sein, sich selbst und ihre Arbeitszeit zu organisieren, damit das Arbeitszeitkonto nicht dauerhaft in Schieflage gerät. Das Modell funktioniert nur, wenn sich Beschäftigte gegenseitig vertreten können und überhaupt Flexibilitätsspielräume bestehen. Die erforderliche Dokumentation der Arbeitszeiten führt zu einem höheren Verwaltungsaufwand, der aber auch bei Überstunden anfällt.
Beratung für Arbeitgeber und Betriebsräte
Der erste Schritt zur eigenen individuellen Lösung: Machen Sie den Online-Selbstcheck und erfahren wie gut Ihr aktuelles Arbeitszeitmodell ist und ob Handlungsbedarf besteht.